Separate veröffentlichte nach sechs Jahren sein neues Album “El Mariachi“. Wir sprachen mit dem in Mainzer Rapper und ehemaligem Buckwheats-Chef offen und ausführlich u.a. über die Entstehung von “El Mariachi“, sein abgeschlossenes Studium, seinen ehemaligen Weggefährten Vega, Differenzen mit Kollegah, sein Verhältnis zu Staiger, sein Problem mit Cro und seine neuen beruflichen Ambitionen.
Seit Deinem letzten Album “Ein Guter Tag zum Sterben” sind in der Zwischenzeit 6 Jahre vergangen. Erkläre doch mal wann und wie die Initialzündung kam ein neues Album aufzunehmen?
Vor ca. ein, zwei Jahren müsste das gewesen sein. Ich hatte das Album schon längere Zeit im Kopf, also den Antrieb wieder aktiv zu werden, aber hatte nie so den Ansporn mich dranzusetzen. Das kam dann mit PCP, als ich mich mit ihm konkret rangesetzt habe und er auch fest mitgearbeitet hat.
Ich hatte vor drei bis vier Jahren bereits mit Monroe einige Tracks aufgenommen, die eigentlich für das Projekt gedacht waren. Wir hatten zu dem Zeitpunkt fünf Tracks im Kasten, aber die waren zum Zeitpunkt der Zusammenarbeit mit PCP eben schon veraltet und daher haben wir nur neue Songs aufgenommen.
Der Sound des neuen Albums ist sehr stimmig und geht stark in Richtung Boombap. Erzähl doch mal wie Du bei der Produzenten- und Beatauswahl vorgegangen bist.
Das war dann mehr oder weniger eher Zufall, dass das Album so einen 90er Sound bekam. Das ist einfach die Musik, die ich gerne mache und auch privat sehr gerne höre. Bei dem Album konnte ich diesmal quasi einen richtigen Fick drauf geben weil keiner irgendetwas von mir erwartete. Bei “Ein guter Tag zum Sterben” hatte ich schon öfters im Hinterkopf was meine Fans von mir wollten und ich hatte den Ansatz ein möglichst komplett abwechslungsreiches Hiphop-Album zu machen.
Bei “El Mariachi” habe ich einfach gemacht was ich wollte. Wenn ich einen Beat gefeiert habe, habe ich den einfach genommen, geschrieben und aufgenommen ohne, dass wir uns große Gedanken gemacht haben. Insgesamt kamen so ca. 25 Tracks zustande, von denen wir einige als Exclusives veröffentlichten.
Ich hatte anfänglich sowieso Probleme mit dem Schreiben, da ich etwas aus der Übung gekommen bin, sag ich mal. (lacht)
Ich hab dann viele Zeilen auch einfach eingefreestylte, wie beispielsweise bei “Butch” oder “Goons”. Das habe ich auch noch nie gemacht, also dass ich Geschriebenes mit Freestyles gemischt habe.
Das Ganze hat dann eine smoove Atmosphäre kreiert, sagte man mir auch.
Wenn Du gerade Resonanzen und die Rangehensweise ansprichst. Wäre das rückblickend nicht schon damals dann der richtige Schritt gewesen freier an die Sache ranzugehen?
Ich habe ja eigentlich schon immer so typische Hiphop-Mucke gemacht, also war so der Hiphopper-Rapper und habe so eigentlich schon immer das gemacht was ich wollte. Man kann ja auf vier Alben auch nicht immer die selben Beats verwenden oder ähnliche. Ich finde man muss auch etwas variieren in der Musik, die man macht. Von den großen deutschen Sängern hat mal einer gesagt, dass das schlimmste was man ihm sagen könnte, er sei sich treu geblieben wäre. Das sagen zwar relativ viele zu mir (lacht), aber der Künstler meinte, dass “sich treu bleiben” bedeutet, dass man sich nicht entwickelte.
Auf Mixtapes probiere ich immer etwas aus, aber Alben liegen mir schon sehr am Herzen und da will ich auch immer etwas neues bringen.
Eko Fresh erklärte ja in einem letzten Interview, dass er jetzt mit dem 90er Sound und dem 90+ BPM Bereich genau den Sound gefunden habe, den er wolle und er werde auch keine großen Ausflüge mehr wagen.
Ich mag ja eigentlich eher langsam geflowte Dinger, so auf 80 oder 70 BPM und nicht so hektische Rapper, nicht nur wegen dem einen bekannten hektischen Rapper, mit dem ich ein bisschen Palawer hatte (lacht). Außer Twista aus den USA und Bone Thugs N Harmony gibt es eigentlich auch niemanden bei dem ich Bock habe mir Doubletime zu geben. Das ist mir einfach zu anstrengend.
Vielleicht mach ich auf dem nächsten Album wieder etwas komplett anderes.
Diesen Queensbridge Sound höre ich einfach privat auch sehr gerne und ich probiere da eine Art deutsche Version zu schaffen, ohne die Lines oder Inhalte irgendwie zu biten. Ich rappe meinen Style und meine Themen. Bei den Vertretern dieses Sounds wie Cormega, NAS oder AZ hatte man immer so das Gefühl, dass sie die am Boden gebliebenen Jungs wären.
Und was hälst Du aktuell von dem Trap Sound?
Also Trap ist überhaupt nicht mein Ding.
Ich weiß noch damals, als ich mit Vega im Studio war und wir Ami Beats ausgesucht haben, auf die wir etwas machen wollten, habe ich immer Cormega und NAS und er halt immer die Down South Jungs vorgespielt. Mit denen konnte ich schon damals gar nichts anfangen. Da hatten wir oft unterschiedliche Meinungen.
Es ist aber grundlegend gut, dass es so etwas auch gibt, damit die Leute einfach eine Wahl haben.
Wenn Du 70 BPM und Boombap ansprichst, was für Beispiele gibt es denn dort für Dich aktuell aus den Staaten?
Da muss ich etwas nachdenken. Wer aktuell auch auf langsamen Beats rappt und den ich feier ist Kendrick Lamar. The Game hat das ab und zu jedenfalls mal. Vielleicht keine Beispiele für den Boombap Sound, aber ich bin da auch nicht so versiert welcher Produzent welchen Sound fährt. Für mich persönlich heißt es nur: Der Beat ist gut, der Beat ist schlecht. Bekannte Producer hauen manchmal schlechte Beats und ein Noname einen Killerbeat raus. Von Namen versuche ich mich nicht blenden zu lassen.
Dein letztes Werk produzierte Monroe komplett.
Wie kam es zur Entscheidung wieder verschiedene Produzenten zu wählen, statt einem die Albumproduktion zu überlassen?
Ich hätte ja eigentlich das komplette Album mit Monroe gemacht, aber er hat halt momentan viel zu tun und wenig Zeit. Dann ist fast ein Jahr auch mit dem Album nichts passiert und dann habe ich zum Glück PCP kennengelernt, der jetzt auch den Großteil produziert hat. Ich glaube neun der Tracks.
Prinzipiell arbeite ich schon am liebsten mit einem Produzenten zusammen, der Killer produziert und sich auch um alles rund um Spuren etc. kümmert. Das ist dann auch vom logistischen Aufwand am einfachsten.
Ich habe auch einige Homies, die sehr gut produzieren und so bekommst Du zehn Beatordner zugeschickt und suchst Dir nur die besten Sachen raus. Ich kann mich daher für keine der beiden Seiten entscheiden.
Im Endeffekt durch das, dass P alles gemischt hat und überall involviert war hat es sich für mich trotzdem so angefühlt als hätten wir beide das gesamte Album zusammen gemacht.
Auf “In meinen Händen” rappst Du davon, dass “große Labels” Dich signen wollten, aber du ihnen nicht trauen würdest. Geht diese Line zurück auf die Buckwheats-Zeit oder warst Du auch während den
Aufnahmen zu “El Mariachi” in Gesprächen mit “größeren” Labels?
Lustig, dass Du die Line ansprichst. Ich finalisiere gerade das Videosnippet und habe mir auch exakt die Line rausgepickt.
Ich habe einen A’n’R bei der EMI und der hat die Line gehört als er bei mir war und meinte das sei aber eine waghalsige Behauptung. (lacht)
Das war auf jeden Fall so eine Poserline, aber ich bin ja so ein Anti-Mainstream- und Unterground-forever-Typ deswegen habe ich das mal so dahingesagt.
Wenn jetzt ein Major kommen würde und mir viel Geld für ein weiteres Album anbieten würde, würde ich das sicherlich nicht ausschlagen.
Aber nichtsdestotrotz traue ich den Punkern nicht über den Weg. Ich habe auch gesehen was die bei anderen Leuten machen. Wenn Du verkaufst bist Du top, wenn Du nicht verkaufst bist du flop! Das ist nicht die Art und Weise, die ich bei Musik sehe. Gute Musik ist nicht an Zahlen festzumachen.
Wie kam der Kontakt zu NewDEF zustande und warum hast Du Dich für das Label entschieden?
Also die Grundentscheidung war mach ich es komplett alleine oder gebe ich es ab. Ich habe das Album keinem einzigen Label geschickt und habe letztendlich nur nach jemandem gesucht, der mir bei der Promo unter die Arme greift. So bin ich durch einen Freund mit NewDEF ins Gespräch gekommen. DJ Access ist ein geiler Typ, dem ich auch vertraue, was gerade wenn es auch um Geld geht wichtig ist. Am Ende hat er mir viel mehr geholfen, als am Anfang abgesprochen war. Alleine hätte ich das im Nachhinein betrachtet gar nicht hinbekommen.
Wie empfindest Du heute eigentlich die Entwicklungen rund um das Business. Damals zu Deinem letzten Album wurden ja Technologien und Plattformen wie Social Media gerade erst frisch eingeführt, heute sind sie ein wichtiges Promotool. Das Youtube Game wurde seitdem auch immer wichtiger. Wie siehst Du diese Entwicklungen? War der Einstieg für Dich nach der Pause einfach?
Also Facebook finde ich für Promo sehr gut. Man kann mit seinen Fans direkt interagieren. Aktuell haben einige behauptet, dass ich den Beat des Tracks “Krank” mit Ercandize von Vega geklaut hätte und dies ein Seitenhieb sei. Was nicht stimmt, ich nur einfach davon nichts wusste und es reiner Zufall war. Das konnten wir beispielsweise direkt über die Social Media-Kanäle klären. Früher hätte man höchstens mit einem Statement auf seiner Website das klarstellen können und hätte hoffen müssen, dass das überhaupt jemand liest. Oder über ein Statement auf beispielsweise Spit-TV. Heute geht das viel schneller und direkter.
Der Fan bekommt zudem ein ziemlich persönliches Bild seines Lieblingskünstlers. Liquit Walker folge ich beispielsweise bei Twitter und das ist sehr amüsant. Ich finde das sympathisch und bin daher noch bereiter sein nächstes Album zu kaufen. Es gibt natürlich auch das Gegenteil. Ich folge Rappern, die ich feier’, aber die verhalten sich wie die Idioten und ich denke mir so “Nie wieder kaufe ich mir von Dir ein Album!”.
Grundlegend finde ich es sehr gut. Bei Youtube finde ich, dass man komplett anonym ist nicht so gut. Man muss auch zu den Worten stehen, die man sagt und “Gesicht” zeigen. Das anonyme Lästern ist dann eben die Schattenseite.
Vorteile und Nachteile. So ist eben die Medienlandschaft heutzutage.
Gibt es für Dich da Grenzen, also zwischen dem Künstler Separate und der Privatperson?
Das ist schwierig. Einige Fans kenne ich ja genauso wie sie mich kennen und denen vertraue ich auf eine Art und Weise. Diesen Fans würde ich auch private Bilder von mir zeigen, wie Urlaubsfotos. Mittlerweile bin ich seit dem Vorfall mit Hadi El-Dor (Spit-TV.de berichtete) da etwas vorsichtiger. Nach dem Vorfall wurde mir von seinen Fans die ein oder andere nicht so coole Nachricht geschickt. Ich antworte da auch nicht. Ich habe es dann dem ein oder anderen Baba weitergeleitet, der schreibt dann denen mal und dann entschuldigen die sich auch brav. Da fragt man sich aber schon wie tief man in die private Fotokiste greifen soll. Ich würde gerne paar private Bilder posten wie Familienfotos mit u.a. meinem Patenkind, aber manche Leuten haben eben vor gar nichts Respekt.
Bei Instagram mach ich ein bisschen mehr weil dort die Reichweite einfach wesentlich geringer ist. Da habe ich vielleicht 600 Follower und krieg da 20 “Gefällt mir”. Das ist eine Größenordnung, da bekommt meine Freundin mehr “Gefällt mir” wenn sie Modesachen postet wie Schuhe. (lacht)
Man darf auch nicht immer nur denken, dass sich die Welt nur um einen selbst dreht.
Kommen wir mal zu den kuriosen Gerüchten rund um Deine Person.
Kollegah behauptete damals in seinem Disstrack er habe Informationen über Deinen Genitalbereich und in Foren und Interviews, selbst mit Hiphop Journalistengröße Staiger, hieß es Du hättest einen Herzinfarkt erlitten.
Staiger war halt schon immer ein Dummlaberer und da hat sich scheinbar auch nichts daran geändert. Das habe ich ihm auch damals dann geschrieben wie er auf die Idee kommt so eine Scheiße ungefiltert weiterzugeben. Das hat er damals glaube ich in einem Interview mit Kollegah erzählt und er hat dann geantwortet “Ja, von meinem Disstrack bekommen”. Da siehst Du mal was für ein Spasti das ist. Stell Dir mal vor ich hätte wirklich einen Herzinfarkt gehabt, dann halt Dein Maul und mach keine Witze darüber! So ein Affenjunge, der hier in Mainz Ohrfeigen bekommt. True Story.
Also das fand ich gar nicht cool. Natürlich liest man so etwas nicht gern. Auch den erfundenen Scheiß von Kollegah. Wer glaubt sowas sowieso?
Das mit Staiger fand ich schon extrem enttäuschend. Immerhin waren wir mal irgendwann Freunde. Aber so sind die Menschen, das habe ich in meiner Karriere mehr als ein mal gelernt.
Mittlerweile ist es sehr schwierig mein Vertrauen zu bekommen.
Um sich ins bessere Licht zu rücken lügen die Leute und müssen andere dadurch schlecht machen.
Es wirkte damals so, dass es nur die Gerüchte gebe, aber von Dir keine klare Stellung.
Ich habe damals ja auch erklärt, dass das Ganze Bullshit ist, aber man muss ja auch nicht bei jeder Scheiße immer wieder Stellung beziehen.
Bei Bushido oder Hafti ist die Hateration noch zehnmal größer als bei mir. Wenn Du mit so etwas nicht umgehen kannst, darfst Du halt in der Öffentlichkeit nicht stattfinden.
Zu Kollegah muss ich aber sagen, dass jemand, der so unverschämt Lügen verbreitet, zum Abschaum der Menschheit gehört. Ekelhaft und das widert mich auch voll an. Es ärgert mich auch, dass so jemand eine “Bossaura” aufbauen, ein Boss sein will und nur mit Lügen auftrumpfen kann. Und gleichzeitig hier auf der Straße Schellen kassiert. Von Kollegah erwartet man ja auch nichts anderes als erfundene Scheiße.
Bei Staiger hat es mich auf eine andere Art geärgert. Staiger ist ein stranger Typ, der total hängengeblieben ist. Wahrscheinlich schiebt er Abturn, dass alle Leute mit denen er zusammengearbeitet hat wie Savas und Pi voll durch die Decke gegangen sind und er muss jetzt Gerüste aufbauen. Ich habe auch mit Vega, Casper und Pi Alben gemacht und die Jungs sind jetzt alle Superstars und ich nicht. Entweder kannst Du damit umgehen, weil Du ein Mann bist oder eben nicht. Er scheinbar nicht, sonst würde er auch nicht soviel Scheiße über andere Leute erzählen.
Seit der Sache habe ich mit Staiger auch gebrochen und muss mit dem auch nicht mehr reden. Der ist für mich ein Versager.
Heute wird immer noch in Kommentarbereichen erklärt, dass Kollegah mit Disses Karrieren
zerstören könne und Du wirst als Beispiel genannt. Wie siehst Du heute mit Deinem Stand bei den Fans und einem neuen Release diese Denke der Rapfans?
Es gibt keinen Disstrack, der eine Karriere zestört hat. Ok ausser vielleicht Eko und Savas, die Reen zerstört haben. Ich weiß von Eko, dass er das heute sehr bedauert, weil es einfach nicht cool war. Das fand ich damals auch nicht cool auf so einem gestandenen Künstler wie Reen so rumzuhacken.
Wir waren am Freitag auf Platz 54 in den Trends. Ich war noch nie in den Trends. Mit “Zahltag” haben wir 5.000 Einheiten verkauft und ich war nicht in den Trendcharts, mit “Ein guter Tag zum Sterben” haben wir 3 oder 4.000 verkauft. Da war ich auch nicht in den Charts oder Trends. Selbst “Teenage Mutant Horror Show” von Pi, das ich rausgebracht habe, war nie in den Trends. Auch “Deutsche Probleme” war nicht annähernd in den Trends. Wir haben in den ersten zwei Tagen schon eine vernünftige Anzahl an CDs verkauft, deshalb sehe ich es nicht, dass meine Karriere zerstört wurde.
Der Disstrack, den Kolle gegen mich geschrieben hat, war in Ordnung, aber er hat eben krasse Sachen erfunden und Leute haben es auf bare Münze genommen. Ich fand das eine arme Aktion. Daran kann man jetzt nichts mehr ändern.
Ich hoffe, dass ich beim nächsten Album nicht mehr so oft auf Kollegah angesprochen werde. (lacht)
Das Problem ist, dass der Beef mehr oder weniger eines der letzten Highlights vor Deiner Pause war. Daher ist es natürlich nach wie vor aktuell ein Thema. Ausserdem kannst Du dazu jetzt auch mal Stellung beziehen.
Ja, das ist auch der Grund warum die Leute darüber immer noch so viel reden, weil das quasi das letzte war von dem die Leute von mir hörten, auch wenn es sechs Jahre her ist.
Jetzt merke ich auch schon bei den Youtube-Kommentaren, dass es weniger wird. Die Leute haben irgendwann ja auch keinen Bock mehr. Immer der “eineiige Dachbodenhustler”. Alter! Das ist ja auch Zeitverschwendung des Grauens. Und immer Promo für mich machen. Die werden ja auch irgendwann erwachsen und lassen es dann sein.
Abgesehen davon sind meine Fans sehr solidarisch mir gegenüber. Immer wenn gehatet wird sagen meine Fans auch etwas zurück. Wenn ich solche Kommentare dann lese, sind die intelligentesten Sachenvon meinen Fans. Vor allem wird auch die deutsche Rechtschreibung beherrscht. (lacht)
Haben der Beef mit Kollegah und die Resonanzen auch zu Deiner Auszeit beigetragen?
Ich habe in der Zwischenzeit ein abgeschlossenes Studium und das bedeutet mir wesentlich mehr als alle Youtube-Kommentare der Welt mir negatives bedeuten könnten. Ich hab mich in der Zeit auf mich konzentriert. Ich habe im letzten ¾ Jahr meine Thesis geschrieben und parallel ein Album aufgenommen. Die anderen Leute auf der Uni haben gar nicht verstanden, dass man so etwas schaffen kann. Ich habe damals gedacht, dass ich das Studium mit teilweise 800 seitigen Skripten niemals schaffe und habe es mir dann selbst bewiesen, dass ich es kann. Was soll ich mich daher mit so etwas abgeben.
Wie kam für dich die Entscheidung vom Musiker in das “normale” Berufsleben zu wechseln?
Wenn Du die Einnahmen eines Jahres mit Albumverkäufen nimmst, bleiben Dir vielleicht 25.000 Euro. Das Ganze kannst Du dann wenn man wie ich wie Mitte 20 aussieht (lacht) dann vielleicht bis maximal Ende 30 machen. Was kommt danach? Rücklagen kannst Du auch nicht bilden. Dann hockst Du da und hast im besten Fall einen Schulabschluss.
Ich habe damals zusätzlich noch andere Leute supportet und Zeit investiert. Für Pi vielleicht minimal, da er selbst hart gearbeitet hat und vieles selbst gemacht hat. Für Casper habe ich den Grundstein gelegt, aber im Endeffekt ist er einfach durch sein Talent so groß geworden. Vega, aber, habe ich richtig aufgebaut und geformt. Der hat damals ganz anders gerappt, als man ihn in der Öffentlichkeit kennt. Damals hat er nur Battletracks gemacht, nur “Ich ficke Deine Mutter” und sonst nichts. Ich habe ihm dann gesagt rap doch mal von Deinem Leben, Du hast doch krasse Sachen erlebt. Dieses Dramatische ist doch voll Dein Ding. Geeno, Abroo und ich haben ihn damit zugequatscht und das ist heute das mit dem er mega erfolgreich ist. Was ich ihm auch 100prozentig gönne.
Vielleicht hätte ich einfach etwas mehr Zeit investieren sollen, um mich bekannt zu machen, dann wäre ich jetzt vielleicht in dieser Position.
Bin ich aber nicht, deshalb muss ich mir überlegen: Will ich weiter rumkrepeln für den Rest meines Lebens und immer zwei Alben pro Jahr droppen müssen die nächsten zehn Jahre, um einen guten Lifestyle zu haben. Ich will auch Geld machen, da ich auch gerne viel Geld ausgebe und das geht einfach nicht mit dem Geld was ich mit der Musik verdiene.
Ich gehe hier essen und ein berühmter Rapper, einer meiner Kindheitsidole, bedient mich. Sowas bricht mir das Herz. Einer der talentiertesten Leute in Deutschland bringt mir meine Nudeln. Wenn Du mit ihm redest erzählt er Dir auch: “Alter, hätte ich bloß ne Ausbildung gemacht und meine Schule nicht abgebrochen.” Das sagen die alle.
Man hat nicht immer das Glück wie Bushido oder Casper ein Megastar zu werden und über 100.000 Einheiten zu verkaufen und Millionär zu werden. Das sind one in a Million. Für die 999.999 anderen wäre es besser wenn sie die Ausbildung machen, zur Schule oder Studieren gehen.
Das klingt auf jeden Fall nach einer harten Entscheidung. Hast Du diese Entscheidung weg von der Musik jemals als Scheitern wahrgenommen?
Ich bin damals total blauäugig in das Ganze rein gegangen. Ich hatte von nichts eine Ahnung als ich Buckwheats gegründet habe, deshalb habe ich damals auch Fehler gemacht, die ich heute nicht mehr machen würde.
Als die GEMA und das Finanzamt uns dann so hart gefickt haben, hat sich das dann schon sehr nach Scheitern angefühlt. Da bin ich auch ehrlich genug um das zu sagen. Das hat mich auch total mitgenommen, da Buckwheats mein Herz war. Die Artists, jeder einzelne, der bei mir gesignt war, das hört sich vielleicht theatralisch an, waren so etwas wie meine Kinder. Ich hätte alles für sie getan. Deshalb tut es im Nachhinein auch besonders weh wenn ein Vega, der zwei Jahre auf meiner Couch lebte und den meine Frau bekocht hat, dann rappt “Meine Jungs essen mit, Du bist kein Mann für mich”. Gerade er sollte wissen wieviel er bei mir gegessen hat. (lacht)
Als Buckwheats kaputt gegangen ist haben sich direkt auch alle verpisst. Das ging dann auch ganz schnell.
Mit Cherno, Abroo und M-Crisis war zwar nach wie vor alles ok, aber weitere haben sich von heute auf morgen einfach verpisst. Ich kam mir echt im Stich gelassen vor. So habe ich auch eine Lektion fürs Leben gelernt.
Um den Kreis zu schließen. Dadurch, dass wir jetzt mit “El Mariachi” am Start sind und wir das Ganze ohne Produktionskosten gestemmt haben fühlt sich jetzt jedoch wieder wie “Gewinnen” an.
Du sprichst in Deinen Songs oft Drogen und Substanzen an. So kommen immer wieder Weed, Alkohol und Kokain ins Spiel. Sind diese Drogen in Deinem Leben und Alltag allgegenwärtig oder wie kommt diese auffallende Dichte in Deinen Songs zustande?
Das ist eigentlich nicht so. Fangen wir beim Alkohol an. Also ich trinke sehr selten und wenn sehr exzessiv und bin dann die nächsten Tage total kaputt, da ich kein gewohnter Trinker bin.
Ich habe eine lange Zeit relativ viel gekifft und ich merke auch ab und zu, dass ich viel davon rede und dass das nicht so cool ist. Ich bin ja auch auf eine Art und Weise ein Vorbild und will nicht, dass 14 Jährige wegen mir kiffen.
Harris hat mir da auch schon eine Story erzählt, die extrem war. Wenn Du straight Dein Ding erzählen willst kannst Du das halt nicht vermeiden. Und all meine Homes und Bekannte kiffen. Ausnahmslos. Ich kann die Leute, die nicht kiffen in meinem Umfeld vielleicht an einer Hand abzählen. Zum Thema Kokain. Das verwende ich bewusst eigentlich nur in zwei Songs. Auf dem Song “Deutscher Traum” flüster ich im Hintergrund alle vier Takte das Wort “Gift”. Das war auch der Originaltitel des Songs. Ich bin auch total gegen Drogen wie Kokain, Heroin, Meth etc. Ich würde auch nie jemanden motivieren Drogen zu nehmen. Ab und zu mal einen rauchen oder trinken, aber sonst rate ich davon komplett ab.
Koks ist zum Beispiel in meinem Umfeld gar kein Thema, weil einfach keiner das Geld dazu hat. Ein Freund aus Frankfurt hat immer gesagt: “Koks macht dich nicht abhängig, Koks macht Dich arm.” So ist das auch.
Also Finger weg von Drogen. Und lasst Euch das auch nicht von Rappern einreden.
Wenn man Dein Album hört bekommt man einen sehr negativen Eindruck Deines Lebens, dass Du in einem schwierigen Viertel lebst, ein enger Freund krankheitsbedingt mit dem Tod ringt und Dein Umfeld bzw. Deine Homies generell große Probleme mit dem Gesetz und der Kriminlität an sich haben.
Ich will nicht, dass da ein falscher Eindruck ensteht. Ich wohne hier nicht im Ghetto oder sowas. Das sind Leute von hier, die ich kenne. Das ist alles True Story.
Ich wohne hier in Wiesbaden, der Teil, in dem ich wohne, ist schon der abgefuckteste in Wiesbaden. Aber unser abgefucktester Teil ist immer noch der niceste Teil in Bangkok. Ich habe in Bangkok in einer armen Gegend gewohnt, wo du nach Hause gelaufen bist, es gab kein Licht, weil es keinen Strom gab, nur Geflüster und Ratten, die über die Strassen rennen.
Ich schaue gerade aus dem Fenster raus. Mein Viertel gibt es überall auch. Hier herrscht ein sehr großer Ausländeranteil. Ich wohne jetzt seit fünf Jahren hier, habe viele kennengelernt, deren Geschichte erfahren und fasse das in meinen Songs zusammen. Es soll jetzt aber nicht den Eindruck machen, dass ich in einem Brennpunkt wie der Nordweststadt wohne. Das ist ein richtiges Ghetto, wo beispielsweise Azad herkommt. Hier ist eine Urban Community, hier wird niemand erschossen oder abgestochen. Es gibt auch selten Schlägereien. Aber Leute ticken halt auch Koks auf der Strasse. Jeder in der Strasse kennt mich und wenn Du jemanden frägst, wird dir jeder sagen, dass ich der höflichste Dude hier bin. Wenn ich das nächste mal umziehe werde ich mir auch wieder eine coolere Gegend suchen, wie zuvor in Mainz zu Buckwheats-Zeiten.
Und ja mein Homie hat Krebs. Ich kann es daher auch nicht leiden wenn Leute bei der Frage wie es einem geht antworten: “Ja meine Uni nervt mich, meine Freundin geht mir auf den Sack!” etc.. “Ich bin broke, mein Homie hat Krebs, nächste Frage, Alter. Ohne Scheiß heul nicht so rum.” Ich kann sowas überhaupt nicht hören, wenn Leute so rumheulen, es ihnen aber eigentlich so gut geht.
Mein Homie hat 40 Kilo im letzten Jahr wegen Chemo verloren. Da werde ich dann halt manchmal etwas zickig.
Soviele Platz-1-Erfolge wie bisher dieses Jahr gab es noch nie für Deutschrap. Haben diese Platzierungen und die Charts für Dich eigentlich eine Relevanz?
Für mich als Künstler ist das schon wichtig, aber wichtiger ist, dass man gute CD-Verkäufe hat und über ein halbes Jahr 10.000 CDs verkauft, statt in einer Woche 2.000, danach nichts mehr, aber auf Platz 20 oder 50 eingestiegen ist.
Das war bei mir ja schon immer so. Wir hatten nie das Budget die komplette Promo nur auf das Releasedate zu schieben.
“Zahltag” hat damals auch 1,5 Jahre jede Woche fast gleich viel verkauft. So ähnlich wird es denke ich bei “El Mariachi” auch sein. Ich mache so krasse Underground Mucke, dass ich froh war, dass wir alleine Freitag und Samstag 500-600 Einheiten verkauft haben. Das habe ich noch nie in meinem Leben.
Diese Top 100 Sache ist daher mehr so ein Prestige-Ding. Du kannst dann vielleicht besser an Sponsoren von Klamotten rantreten.
Denkst Du, dass die Rapper auch ihren Teil zur Relevanz der Chart-Positionierung bei den Fans beigetragen haben?
Ja klar. Ich will keine Namen nennen, aber ich kenne zahlreiche Rapper, die ihre CDs gekauft haben, um in die Charts zu kommen. Das ist ja dann auch nicht der Sinn der Sache.
Denen sind Verkäufe und Nummern eben wichtiger als die Musik. Die machen auch genau die Musik, um auf den vorderen Plätzen zu charten. Wenn ein Cas in der ersten Woche Platz 1 geht, dann verkauft der ein zichfaches mehr als wenn Alligatoah auf Platz 1 geht. Nichts gegen Alligatoah, aber Cas ist ein absoluter Topseller.
Ich müsste mich da komplett umstellen. Ich bräuchte einen neuen Namen, eine Maske und dann überlegen wir uns, ob ich in die Casper–Cro-Ecke gehe oder in die Sido–Lance-Butters-Richtung.
In Amerika wenn einer eine Maske aufhat bekommt er die runtergeschlagen.
Ich habe mir die Tage lustigerweise auch Gedanken gemacht, ob dieses Maskending in den Staaten funktionieren würde.
Ich frag mich generell was dieses Masken-Ding soll. Ich finde das nur noch peinlich. Bei Sido war das noch cool, weil er der erste war und die Totenkopf-Maske hatte. Aber jetzt Pandabären. Boah. Nichts gegen Cro, ich gönne ihm seinen Erfolg und ich finde er ist auch ein guter Rapper. Das einzige was mich an ihm stört ist die Maske. Und dann noch ein umgekehrtes Kreuz. Dafür gehörst Du eigentlich geklatscht. Und das meine ich ernst. Ich kenne ein paar christliche Syrer, die würden ihn direkt wegklatschen. Einfach nur provozieren. Ich habe die heilige Maria auf dem Arm tätowiert und meine Mutter ist jeden Sonntag in der Kirche. Ne Pandabär-Maske aufziehen, aber ein Antichrist-Zeichen auf der Stirn. Wer macht sich solche Gedanken. Was für ein mißgebürtiger Bastard musst Du sein, um auf den Gedanken zu kommen, dass das jetzt cool ist. Was soll sowas? Warum muss man die Religion in sowas mit reinziehen? Das finde ich überhaupt nicht cool.
Das umgekehrte Kreuz soll ja keine Bedeutung haben, sondern nur aus ästhetischen und Style-Gründen…
Ja ja, ich kann mir doch auch keine Mohammed-Karikatur auf den Bauch malen und sagen, das ist doch nur gemalt. Die Moslems, die ich kenne würde in dem Falle ausrasten.
Wir machen das halt nicht, weil wir lieber die Fresse halten.
Wie definierst Du denn für Dich Erfolg als Künstler und aktuell mit Deinem Album?
Also wirtschaftlich würde ich gerne 2.000 CDs und 2.000 digital verkaufen, das wären dann 4.000 Einheiten. Damit wäre ich absolut zufrieden. Ich bin da zuversichtlich.
Die Resonanzen waren bis dato sehr gut.
Ab und zu ist es auch erschreckend. Gestern war ich am Bahnhof und ein Junge fragte mich nach einem Foto. Er konnte dann kein Foto machen, weil seine Hand so gezittert hat. Das ehrt mich natürlich sehr, dass Leute so gut von mir denken, aber ab und zu ist es auch unangenehm.
Du hast jetzt Dein Studium beendet. Wirst Du jetzt ins Berufsleben wechseln und parallel weiterhin Musik machen?
Ja, genau, ich konzentriere mich auf meinen zukünftigen Job und will gutes Geld verdienen. Ein Ziel ist es ein Haus mit Garten zu kaufen. Wenn ich Lust auf ein Album habe, nehme ich es auf. Wenn ein Album durch die Decke geht kann ich immer noch kündigen.
Ich will auch einen Job, der mich fordert. In meinem Underground-Level sind meine Aufgaben recht schnell ausgeschöpft. Eigentlich mache ich immer das selbe: Videos drehen, Auftritte und Interviews geben. Nach einer Zeit wird das etwas langweilig. Wenn man Ami ist und Welttourneen macht ist das etwas anderes. Ich mach das jetzt seit 12/13 Jahren. Wenn ich Alben 50.000 und mehr verkaufe wäre das Ganze auch keine Frage. Dann würde ich es weiter machen. Aber bevor ich rumkrepel und teilweise Langeweile hab und das Ganze zu einer Routine wird, suche ich mir lieber einen Job, bei dem ich machen kann auf was ich Lust habe und verdiene sicheres Geld.
Ich habe auch keine Lust mit 40 wie Savas noch zu rappen, mit ausgefallenen Haaren da zustehen und den coolen Macker zu miemen. Allerdings kann ich das verstehen, dass Savas das so durchzieht, er verdient ja sehr gut. Mit dem Status würde ich das sicherlich auch machen. Aber mit 45 sieht es noch viel erbärmlicher aus vor 100 Leuten aufzutreten als mit 31.
Außerdem ist Fame mega vergänglich.
Vielen Dank für das Interview!
Separates Album “El Mariachi” könnt ihr hier bestellen.
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